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Freitag, 18. Juli 2025

Gegen die Kapitulation vor der Arbeiterklasse – Warum wir die „Arbeiteraristokratie“-These überwinden müssen


In vielen linken Kreisen, besonders unter sogenannten „Dritt-Weltisten“, ist eine gefährliche These weit verbreitet: Die Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern sei verloren für den revolutionären Kampf. Unter dem Schlagwort der „Arbeiteraristokratie“ wird behauptet, die sogenannte „weiße Arbeiterklasse“ sei global gesehen „privilegiert“ und würde ihren Lebensstandard stets verteidigen, selbst auf Kosten der Völker des globalen Südens. Daher, so diese Theorie, solle revolutionäre Arbeit sich nur noch auf „Randgruppen“ wie Migranten, das Lumpenproletariat oder Befreiungsbewegungen im Süden konzentrieren. Diese Denkweise aber ist falsch – sowohl theoretisch als auch praktisch.

Die Theorie der „Arbeiteraristokratie“ stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert. Lenin sprach damals von einer kleinen Schicht bestochener Arbeiter in den imperialistischen Zentren. Doch schon Lenin warnte davor, diesen Begriff auf die gesamte Arbeiterklasse auszudehnen. Heute aber passiert genau das. Ganze Bevölkerungen werden als „aristokratisch“ und damit als konterrevolutionär abgestempelt. Diese Sichtweise ignoriert die Realität: Auch in Deutschland oder den USA existiert massive Ausbeutung. Reallöhne sinken, die soziale Unsicherheit wächst, die Menschen leiden unter Wohnungsnot und Arbeitshetze. Auch der sogenannte „weiße Arbeiter“ lebt von seiner Arbeit und wird vom Kapital ausgebeutet. Dass er im Vergleich zum globalen Süden mehr verdient, bedeutet nicht, dass er zum Feind geworden ist. Das Kapital beutet weltweit aus – auf unterschiedlichen Ebenen, aber mit demselben Ziel: Profit.

Die Vorstellung, migrantische Arbeiter seien revolutionär, „weiße“ Arbeiter hingegen reaktionär, spaltet die Klasse künstlich. Migrantische Beschäftigte sind Teil der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern. Sie arbeiten in Logistik, Bau, Pflege oder Produktion – Seite an Seite mit deutschen Kollegen. Ihre Kämpfe sind Klassenkämpfe. Auch sie werden ausgebeutet, auch sie haben ein objektives Interesse an einer sozialistischen Umwälzung. Der Kapitalismus selbst fördert die Spaltung – durch Nationalismus, Rassismus und Spaltungsstrategien. Wenn Linke diese Spaltung übernehmen, arbeiten sie objektiv dem Kapital in die Hände.

Ebenso falsch ist es, den anti-imperialistischen Kampf ausschließlich an den globalen Süden zu delegieren. Der Imperialismus wird nicht nur in den Kolonien besiegt, sondern auch im eigenen Land. Jede revolutionäre Bewegung in einem imperialistischen Land ist ein Schlag gegen das globale Ausbeutungssystem. Wer das Zentrum dem Feind kampflos überlässt, betreibt Kapitulation.

Häufig wird behauptet, Krisen führten nur zur weiteren Rechtsentwicklung der Arbeiterklasse. Aber das ist kein Naturgesetz. Krisen destabilisieren Gesellschaften. Sie können zur Reaktion führen – oder zur Revolution. Ob sich Arbeiter nach rechts oder links wenden, hängt nicht von ihrem globalen Einkommensrang ab, sondern davon, ob es eine revolutionäre Organisation gibt, die ihnen Perspektive, Klarheit und Führung bietet. Die Geschichte beweist: In Russland 1917, in Deutschland 1918, überall, wo die Arbeiterklasse kämpfte, öffneten Krisen die Tür zur Umwälzung. Es ist Aufgabe der Revolutionäre, diese Tür aufzustoßen – nicht sie vorab zu schließen.

Zusammengefasst: Ohne die Arbeiterklasse in den Zentren des Imperialismus wird es keine sozialistische Revolution geben. Sie ist das zentrale Subjekt des Umsturzes – nicht eine Nebenerscheinung. Wer sie aufgibt, kapituliert vor dem Kapital. Unsere Aufgabe ist nicht, Spaltungen zu vertiefen, sondern die Klasse zu einen, zu organisieren und zu führen. Der Hauptfeind steht im eigenen Land – und gemeinsam mit der Arbeiterklasse müssen wir ihm entgegentreten.

Für einen Internationalismus der Tat – für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterbewegung auch in Deutschland!

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